Die laute Silvesterknallerei liegt gerade einen Monat zurück und schon geht es weiter mit den Faschingsumzügen. Trommeln, Pauken, Trompeten – leise geht definitiv anders.
Vielen Hunden machen derartige Geräuscheskapaden Angst. Sie reagieren darauf mit leichten bis starken Angstsymptomen. Zittern, Flucht- und Meideverhalten, Urinieren und Jaulen sind nur einige Verhaltensweisen, mit denen die Hunde ihre negativen Gefühle zum Ausdruck bringen. Viele Besitzer reagieren überfordert. Was ist jetzt zu tun? Wie helfe ich meinem Hund am besten, ohne seine Angst auf Dauer zu verstärken? Ignorieren? Trösten? Ab nach draußen – voll auf Konfrontationskurs? Keine Panik! Ich hab da ein paar Tipps für euch.
Was passiert in einem ängstlichen Hund?
Vorab ein paar grundsätzliche Wort zum Thema Angst. Im Grunde ist sie eine kluge Erfindung der Natur. Angst ist eine Reaktion auf eine konkret vorhandene oder auf eine nicht konkret vorhandene Gefahr. Somit nimmt sie eine wichtige Funktion ein, wenn es um die Existenzsicherung eines Lebewesens geht. Sie versetzt den Körper in einen erhöhten Erregungszustand und ermöglicht ihm auf diese Weise schnell und reflexartig auf die Gefahr zu reagieren. Mögliche Reaktionen werden den vier F – Flight, Fight, Freeze und Fiddle – also Fliehen, Kämpfen, Erstarren oder Flirten (alternativ Verhalten) – zugeordnet.
Angst dämpfen und vorbeugen
Ein Hund, der auf die Trommeln des Faschingsumzuges oder den Knaller an Silvester ängstliches Verhalten zeigt, wird in den uralten Überlebensmodus der vier Fs versetzt. Gerade laute Geräusche waren von jeher Anzeichen für Gefahren. Wir als Menschen müssen unseren Hunden erklären, dass sie heute zur modernen Menschenwelt gehören und meistens harmlos sind. Dabei können wir einerseits die negativen Gefühle in der Angstsituation dämpfen. Oder wir beugen vor, so dass es überhaupt nicht erst zu derart schlechten Gefühlen kommt.
Akute Maßnahmen in der Angstsituation
Zeigt der Hund Angstverhalten, ist es unsere Aufgabe, seine negativen Gefühle möglichst erträglich zu machen. Gleich vorweg: Striktes Ignorieren trägt nicht dazu bei. Zwar kursiert die Meinung, dass Zuwendung oder umgangssprachlich „trösten“, den Hund in seinem Angstverhalten bestätigen, das kann man allerdings so nicht stehen lassen. Sucht ein Hund während der für ihn bedrohlichen Situation Kontakt, lassen wir ihn vielmehr zu uns kommen. Er sucht bei uns „Social Support“ also soziale Unterstützung. Körperkontakt mit vertrauten Menschen oder Hunden baut beim Sozialwesen Hund Stress ab. Genauso sollte der Hund aber auch die Möglichkeit haben, eine ungestörte Ruhezone aufzusuchen. Lasst eurem Hund den nötigen Freiraum, um herauszufinden, wie er die Situation am ehesten ertragen kann. Wenn ihr Ohrenstöpsel besorgt, übt das Einsetzen vorab. So kennt euer Hund den Vorgang im Ernstfall bereits.
Training gegen die Angst
Soviel zu den akuten Maßnahmen. Langfristig empfehle ich euch allerdings Anti-Angsttraining. Es gibt unterschiedliche Ansätze:
Desensibilisierung: Der Hund wird nach und nach an den angstauslösenden Reiz gewöhnt. Beim Beispiel Geräuschangst geschieht dies durch das Vorspielen der Geräusche beispielsweise von einer CD in einer sehr entspannten Atmosphäre. Die Intensität der Geräusche wird dabei nach und nach gesteigert. Vorsicht! Steigert ihr die Intensität des Reizes zu schnell, lauft ihr Gefahr den Hund zu sensibilisieren. Das heißt genau der umgekehrte Effekt tritt ein!
Gegenkonditionierung: Der Reiz – also zum Beispiel das Geräusch – wird über klassische Konditionierung zum Auslöser für positive Gefühle anstatt für negative Gefühle. In entspannter Atmosphäre wird ein knallendes Geräusch immer wieder mit einem positiven Ereignis, zum Beispiel Futter, verbunden. Das Geräusch fördert bei erfolgreicher Konditionierung künftig positive Emotionen.
Umkonditionierung: Im Training nehmen wir also Einfluss auf das Verhalten, das der Hund als Reaktion auf das Geräusch zeigt. So sollen die angstgesteuerten Verhaltensweisen durch andere, vertrauensfördernde Handlungen ersetzt werden. Die Aufnahme von Blickkontakt mit dem Menschen bietet sich an. Im Training üben wir, dass der Hund das Geräusch als Kommando ansieht, mit uns in Blickkontakt zu treten. Zum einen unterlässt der Hund dadurch das Angstverhalten. Zum anderen stärkt der Blickkontakt die Bindung und ist positiv belegt. Nach und nach kann es zusätzlich zu einer Gegenkonditionierung kommen. Auch hier gilt: nicht den Bogen überspannen! Der Grad der Ablenkung durch den sogenannten Stressor, also den Stress oder Angst auslösenden Reiz, sollte nur wohl dosiert gesteigert werden, da wir ansonsten eine Sensibilisierung bewirken.
Ihr seht: Wir haben durchaus Einfluss auf das Erleben von Angstsituationen. Solltet ihr eine Angststörung bei eurem Hund nicht allein lösen können, meldet euch. Gerne arbeite ich mit euch einen Trainingsplan aus.